Samstag, 23. März 2013

Knoblauch geht ab und wir gehen steil*

Party’s over. Schön war’s. Sehr schön. Paula und ich haben es lange ausgehalten. Die Leute waren nett. Die Drinks lecker, sagt Paula. Ich bleibe meistens beim Bier. Wir sind die letzten, die gehen. Wie früher oft. Allerdings Stunden früher. Wir tänzeln die Straße entlang zum Auto. Das ist ein Stück Wegs; in der Einbahnstraße sind die Parkplätze rar. Deshalb haben wir uns vorhin den ersten geschnappt, der frei war. Im Schatten eines Baumes ziehe ich Paula an mich heran. Hier und jetzt habe ich Lust zu knutschen – so richtig pubertär, mit allem Drum und Dran. Naja, wir sind fast fünfzig Jahre alt, es klappt nicht (mehr) so wie vor 30 Jahren. Intensiv und aufregend ist es trotzdem.

Beim Einsteigen ins Auto rücke ich die Dinge in meiner Hose mit einer schnellen, tausendfach praktizierten Handbewegung zurecht. Mein Alkoholpegel ist mit der Straßenverkehrsordnung nicht mehr kompatibel; das Wohngebiet ist Zone 30. Ich ignoriere das; zu mächtig und eindeutig ist das gegenseitige Verlangen. In acht Minuten sind wir zu Hause. Ich spute mich, ins Bad zu kommen. In hohem Bogen feuere ich meine Klamotten mit Händen und Füßen vor den Wäschekorb. Zähne putzen, frisch machen, ab in die Heia.

Paula braucht ein paar Minuten länger. Lange genug für die Promille, mich schachmatt zu setzen. 'Wohliger Dämmerschlaf‘ ist wohl der treffendste Terminus für den Zustand, in dem ich mich befinde, als Paula ins Bett kommt. Das Verlangen ist immer noch unmissverständlich. Naja, wir sind beide fast fünfzig Jahre alt. Wir schlafen am frühen Morgen miteinander. Das ist unsere Lieblings-Miteinander-Schlafen-Zeit. Ich mag das. Im Dämmerlicht sieht Paula sehr schön aus. Langsam, ruhig und zärtlich genießen wir uns. Wir sind uns sehr nah.

Gegen elf Uhr schlüpft der Jüngste zu uns ins Bett. Er hat Kohldampf, hat den Frühstückstisch bereits gedeckt. (Das Aufstehen ist ein kleines bisschen peinlich; wir sind beide nackt.) Die Stimmung ist bei allen entspannt. Am Nachmittag näht sich Paula eine Handtasche; ich spiele mit den Kindern, unter anderem eine Runde Trivial Pursuit, die ich knapp um eine saublöde Wissenschaft-und-Technik-Frage verliere. Unterschätze nie einen Achtklässler! Am Abend koche ich Spaghetti Aglio e Olio. Das ist schnell gemacht und sehr lecker. Der Tatort ist recht passabel, die Kinder streiten nicht ganz so doll wie sonst. 

Paula kann in dieser Nacht nicht schlafen. Ich auch nicht. Wir wälzen uns eine Zeit herum. „Mann, täusche ich mich oder ist es hier so warm?“, frage ich. „Keine Ahnung“, antwortet Paula, "mir ist jedenfalls auch ziemlich heiß.“ Mein Blödelaggregat springt an und ich sage: „Wir könnten uns ausziehen und aufeinander legen!“ Paula muss lachen. Wir schubsen unsere Decken beiseite, kuscheln uns aneinander. Ich meinem Kopfkino läuft unsere ganz persönliche „Tagesschau“ und sanft dämmere ich ins Land der Träume hinüber.

Mit einem Ruck dreht sich Paula zu mir um. Ich stutze ein Sekündchen. Dann bin ich hellwach. Paula fällt über mich her, ungestüm reißt sie mir Shirt und Slip vom Leib. Sich auch. Sie kommt direkt zur Sache. Ich richte mich auf und bin dabei. Wir fallen übereinander her. Sie will mich. Ich will sie. Der Raum dampft, es riecht nach purem Sex. Wir haben puren Sex. Schnell und hart. Paulas geschmeidige Hitze umfängt mich. Ich habe meine Hände überall an ihr. Dann verschlingen wir uns. Ich sie. Sie mich. Wir fordern das Höchste voneinander. Gierig und erbarmungslos. Wir geben es uns. Lautstark, ohne Hemmungen. Japsend sinken wir zurück; unsere Schenkel sind unsere Kissen. „Mir ist jedenfalls auch ziemlich heiß“, hat Paula gesagt. Ich spüre jetzt, was sie gemeint hat und lächle in das Dunkel des Schlafzimmers, das sich langsam abkühlt.

Wieder unter der Decke quatschen wir eine ganze Weile darüber, wie wir das Leben als Paar mit Paulas Depression empfinden. In aller Ruhe.

Ein wirklich harmonischer Sonntag.


*Frei nach dem Refrain des Songs "Schwinger": "Seeed geht ab und ihr geht steil ..."


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