Beim Einsteigen ins Auto rücke ich die Dinge in meiner Hose mit einer
schnellen, tausendfach praktizierten Handbewegung zurecht. Mein Alkoholpegel
ist mit der Straßenverkehrsordnung nicht mehr kompatibel; das Wohngebiet ist
Zone 30. Ich ignoriere das; zu mächtig und eindeutig ist das gegenseitige
Verlangen. In acht Minuten sind wir zu Hause. Ich spute mich, ins Bad zu kommen.
In hohem Bogen feuere ich meine Klamotten mit Händen und Füßen vor den
Wäschekorb. Zähne putzen, frisch machen, ab in die Heia.
Paula braucht ein paar Minuten länger. Lange genug für die Promille,
mich schachmatt zu setzen. 'Wohliger Dämmerschlaf‘ ist wohl der treffendste
Terminus für den Zustand, in dem ich mich befinde, als Paula ins Bett kommt. Das
Verlangen ist immer noch unmissverständlich. Naja, wir sind beide fast fünfzig
Jahre alt. Wir schlafen am frühen Morgen miteinander. Das ist unsere
Lieblings-Miteinander-Schlafen-Zeit. Ich mag das. Im Dämmerlicht sieht Paula
sehr schön aus. Langsam, ruhig und zärtlich genießen wir uns. Wir sind uns sehr
nah.
Gegen elf Uhr schlüpft der Jüngste zu uns ins Bett. Er hat
Kohldampf, hat den Frühstückstisch bereits gedeckt. (Das Aufstehen ist ein
kleines bisschen peinlich; wir sind beide nackt.) Die Stimmung ist bei allen
entspannt. Am Nachmittag näht sich Paula eine Handtasche; ich spiele mit den
Kindern, unter anderem eine Runde Trivial Pursuit, die ich knapp um eine
saublöde Wissenschaft-und-Technik-Frage verliere. Unterschätze nie einen
Achtklässler! Am Abend koche ich Spaghetti Aglio e Olio. Das ist schnell
gemacht und sehr lecker. Der Tatort ist recht passabel, die Kinder streiten
nicht ganz so doll wie sonst.
Paula kann in dieser Nacht nicht schlafen. Ich auch nicht.
Wir wälzen uns eine Zeit herum. „Mann, täusche ich mich oder ist es hier so
warm?“, frage ich. „Keine Ahnung“, antwortet Paula, "mir ist jedenfalls auch
ziemlich heiß.“ Mein Blödelaggregat springt an und ich sage: „Wir könnten uns
ausziehen und aufeinander legen!“ Paula muss lachen. Wir schubsen unsere Decken
beiseite, kuscheln uns aneinander. Ich meinem Kopfkino läuft unsere ganz
persönliche „Tagesschau“ und sanft dämmere ich ins Land der Träume hinüber.
Mit
einem Ruck dreht sich Paula zu mir um. Ich stutze ein Sekündchen. Dann bin ich
hellwach. Paula fällt über mich her, ungestüm reißt sie mir Shirt und Slip vom
Leib. Sich auch. Sie kommt direkt zur Sache. Ich richte mich auf und bin dabei.
Wir fallen übereinander her. Sie will mich. Ich will sie. Der Raum dampft, es
riecht nach purem Sex. Wir haben puren Sex. Schnell und hart. Paulas
geschmeidige Hitze umfängt mich. Ich habe meine Hände überall an ihr. Dann verschlingen
wir uns. Ich sie. Sie mich. Wir fordern das Höchste voneinander. Gierig und erbarmungslos.
Wir geben es uns. Lautstark, ohne Hemmungen. Japsend sinken wir zurück; unsere Schenkel
sind unsere Kissen. „Mir ist jedenfalls auch ziemlich heiß“, hat Paula gesagt.
Ich spüre jetzt, was sie gemeint hat und lächle in das Dunkel des
Schlafzimmers, das sich langsam abkühlt.
Wieder unter der Decke quatschen wir eine ganze Weile
darüber, wie wir das Leben als Paar mit Paulas Depression empfinden. In aller
Ruhe.
Ein wirklich harmonischer Sonntag.
*Frei nach dem Refrain des Songs "Schwinger": "Seeed geht ab und ihr geht steil ..."
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