Samstag, 2. Februar 2013

Totentanz

Liebe Freunde vom Tanzzirkel,

es ist Euch nicht verborgen geblieben, dass es Paula nicht gut geht. Vorletzte Woche schon hatte Fritz sie in seiner spontanen Art darauf angesprochen. Letzte Woche nun waren wir danach beim üblichen Umtrunk „Bei Tanja“ ohne Vorwarnung nicht dabei.

Paula leidet an Depression und der letzte Tanzabend war der traurige Höhepunkt eines Schubs, der sie (und letztendlich uns alle irgendwie) seit ein paar Wochen plagt. Deshalb werden wir den Tanzzirkel aufgeben müssen. (Ich hoffe: nur vorerst.) Es tut Paula und mir unendlich leid, aber es ist so das Beste.

Letzte Woche dachte ich, ich tanze mit einer Toten. Da war keinerlei Spannung mehr in Paulas Körper. Nicht Mal – Ihr habt es vielleicht sogar bemerkt – die Grundhaltung klappte; ich musste nicht nur meine Arme hochhalten, sondern auch Paulas. Ich muss zwar schmunzeln, wenn ich daran denke, mit welcher Konsequenz und Vehemenz unser Tanzlehrer Sammy versucht, uns Haltung reinzubimsen, aber es war schlicht fürchterlich. Weniger wegen der Kraft, die ich aufwenden musste, als vielmehr, Paula so erleben zu müssen.

Auch über Sigmars wie immer sensationellen Sprüche konnte Paula nicht lachen. Ihr Kopf war ebenso tot, wie ihr Körper. (Nebenbei @Sigmar: Ich könnte mich wegschmeißen, sobald Du in diesem derben Dialekt deine Zoten zum Besten gibst.)

Auf dem Heimweg dann hat Paula mir gesagt, dass der Abend (auch) für sie unerträglich war. Sie wisse nicht, ob sie diese Tanzsaison durchhalten würde. Ich habe ihr zu verstehen gegeben, dass ich das schade fände. (Wenngleich in aufgebrachterem Ton und anderer Wortwahl als hier dargelegt – Ihr kennt mich.) Vor allem, weil ich eben glaube, dass Paula Eure Gesellschaft sehr sehr gut tut. Sie bestreitet das derzeit, möchte lieber „einfach zu Hause bleiben und im Bett liegen.“ Ich weiß, das stimmt nicht; Paula kann das derzeit nur weder richtig wahrnehmen, noch ausdrücken.

Ich weiß auch, dass Ihr versteht, dass diese Entscheidung vor allem für Paula (trotzdem) die richtige ist. Und Ihr ahnt, dass es eine der schwersten ist, die wir in der letzten Zeit treffen mussten. Ich denke, ich spreche für uns alle, wenn ich sage, dass wir die gemeinsamen Tanz- und sonstigen Stunden sehr genossen haben. Ich wünsche mir (Paula sich sicher auch), dass wir uns weiterhin so oft wie möglich sehen.

Meldet Euch, wenn Euch danach ist.

Liebe Grüße P

Diesen Brief hatte ich im Kopf. Bis heute Morgen. Noch vor dem Frühstück spricht Paula das Thema von sich aus an. Sie möchte „eigentlich weiter in den Tanzzirkel gehen“. Ich widerspreche nicht, nehme Paula einfach in den Arm.

Wir hören, dass die Kinder freiwillig den Frühstückstisch decken. Das freut uns, auch wenn sie sich dabei streiten.

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