Freitag, 1. Februar 2013

Hundehasser

„Papa, kriegen wir einen Hund?“ Wer Kinder hat, kennt diese Frage. Meine Antwort (und auch Paulas, das ist klar) lautet: Nein! Und das seit Jahren. Da bin ich/sind wir konsequent.

Deshalb bin ich kein Unmensch. Etwa weil ich meinen Kindern einen Herzenswunsch abschlage. Das ist wirklich nicht der Punkt. Wer kennte die Standardausflüchte nicht? „Kinder, wer geht denn dann morgens mit dem armen Tier raus?“, „dann können wir aber nie mehr nach Spanien fahren, ohne den Hund impfen zu lassen“ oder gar „ICH putze aber die Lache nicht weg, wenn der Mal ins Wohnzimmer pinkelt“. Doch auch das ist nicht der Punkt.

Mann, Paul, jetzt komm‘ schon rüber. Worum geht‘s hier? Gut, gut, gut – calma amigo. Auf dem Weg zum Bahnhof komme ich an einer Gründerzeitvilla vorbei, in der eine etwas tüddelige ältere Dame wohnt. Sie geht etwas gichtig und macht auch sonst nicht den fittesten Eindruck. Ist aber stets tipptopp gekleidet. Fast jeden Morgen, wenn ich vorbeigehe, bugsiert sie ihren schneeweißen Mercedes SLK durch das schmiedeeiserne Tor, um ihre beiden Hunde zu einem – so vermute ich – adäquaten Gassiplätzchen zu kutschieren. Diese beiden Hunde könnten Pat & Patachon heißen. Der eine (Typ spitzgedackelter Windhundpudel) ist klein, kurzbeinig und schiefzahnig; sein Fell enthält alle vorstellbaren Brau- und Beigetöne. Der andere ist ein reinrassiger schwarzer Riesenschnauzer. (Wäre ich boshaft, würde ich vermuten, den kurzbeinigen Wuffi hat die Dame zu dem Rassehund dazubekommen. "Pay one, get two“ sozusagen.)

Eines Herbstabends, es ist schon dunkel, fährt die Dame gerade mit ihrem Snow-White-Schlitten vor, als ich vorbeigehe. Sie kommt wohl gerade vom zweiten Gassigang des Tages zurück. Sie öffnet die Beifahrertür, um die Hunde rauszulassen, just in dem Moment als ich auf Höhe des rechten Torbogens bin. Das heißt, ich befinde mich genau zwischen Auto und Grundstück der Lady. Der schwarze Riese empfindet das wohl als Eindringen in seinen anbefohlenen Schutzbereich. Tobend, bellend, sabernd und mit voller Wucht geht das dumme Vieh an mir hoch. „Auge in Auge mit dem schwarzen Monster“ wäre der Filmtitel, in dem diese Szene vorkommt. Vom Maulgeruch mal ganz abgesehen.

Die Bestie rast. Mein lieber Scholli, hast du eine Ahnung, wie viel bewegte Maße da auf dich zukommt? Hast du eine Ahnung, wie es sich anfühlt, wenn dich ein solcher Köter anbrüllt und seine Lefzen dabei deine Nasenflügel berühren. Und nochmal: Von dem Todeshauch mit Ursprung im Verdauungstrakt spreche ich gar nicht!

Ich taumle, kann mich eben noch an dem Torbogen abstützen. Die Lady, zierlich, klein und alt, kann das Vieh nicht bremsen: „Der will doch nur spielen!“ (Okay, ein blöder Witz; das hat sie selbstverständlich nicht gesagt.) Ich schreie gegen das Gebell an. Das hilft. Dennoch schnappt die Bestie nach meinem Oberarm. Und beißt zu. Zum Glück habe ich die Lederjacke an. Die hat zwar jetzt zwei Löcher, dafür aber mein Arm nicht. Erst zu Hause nehme ich wahr, dass die Krallen ein Loch in Jeans und Oberschenkel gerissen haben. Frau Doktor hat das in meinem Bein am nächsten Tag desinfiziert und mir eine Tetanusspritze verpasst.

So! Das ist der Punkt, warum meine/unsere Kinder keinen Hund bekommen. Hunde sind mir seither mindestens suspekt. Vor allem große schwarze.

Warum ich diese Geschichte erzähle? Naja, seit einigen Jahren haben wir nun doch einen großen schwarzen Hund. Einen sehr großen sogar. Und der kann auch gewaltige Wunden reißen. (Aus dem Maul stinkt er, Gott sei Dank, nicht.) Wer das Buch „Mit dem schwarzen Hund leben: Wie Angehörige und Freunde depressiven Menschen helfen können …“ (von Matthew und Ainsley Johnstone) kennt, weiß was ich meine.

Ich bin mir darüber im Klaren, dass diese Abbildung aus dem o. e. Buch urheberrechtlich geschützt ist. Mit der Verwendung verfolge ich keinerlei kommerzielle Interessen. Ich hoffe, die Rechteinhaber sehen das genau so und freuen sich, dass ich das Buch gerne empfehle.

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