Ich habe das Licht schon ausgeknipst. Paula liest noch. In
dem Buch, das sie sich gewünscht hatte und das ich ihr zu Weihnachten geschenkt
habe. Sie hat es fast zu Ende gelesen. Ob es spannend, unterhaltsam oder lustig
ist, darüber hat sich mir nichts gesagt. Ich habe auch nicht danach gefragt.
Sie macht das Licht jetzt aus. Ich höre ihre Decken und Kissen rascheln. Ich
zwinge mich weiter, an etwas anderes zu denken.
Still freue ich mich über die neue CD meines
Lieblingsmusikers, die ich heute bekommen habe, obwohl sie noch gar nicht
offiziell im Handel ist. Ich hatte sie direkt beim Label bestellt. Und heimlich
an die Firmenadresse schicken lassen. Das mache ich, weil wir uns ein strenges
Sparprogramm auferlegt haben. Auch wenn der Kauf dieser CD von meinem
Taschengeld abgedeckt ist, möchte ich die fragenden, enttäuschten Blicke von
Paula vermeiden. Ich will mich freuen über die CD. Das tue ich jetzt. (Und die
CD ist wirklich toll; eine Live-Platte, zum Teil bei dem Konzert aufgenommen,
bei dem ich war. Also bin ich auch auf der CD zu hören; als Teil des jubelnden
Publikums.)
Da spüre ich Paulas Arm, der mich von hinten umarmt. Die
erste Berührung seit Tagen. Ich erschrecke nicht, aber es kommt mir fremd vor. Ich
wäre fast schon eingeschlafen gewesen. Jetzt bin ich wieder wach.
Was tun? Habe ich Paula nicht schon oft vorgeworfen, dass
sie auf meine Berührungen meist keinerlei Reaktionen zeigt. Weder positive noch
negative? Nun liege ich da und grüble. Darüber, ob und wenn ja, was Paula von
mir erwartet. Das ist Mist. Ich horche kurz in mich hinein. Vielleicht gibt es
wenigstens eine Antwort auf die Frage, was ich möchte. Beklagenswerterweise
finde ich keine Antwort. Ich fühle mich leer.
Wir liegen nebeneinander und sind
doch „bis zum Mond und wieder zurück“ voneinander entfernt. (Wie es in dem
Kinderbuch von Sam McBratney heißt. Dort allerdings haben sich der kleine Hase und
der große Hase in dieser Größenordnung lieb.)
Totale Verunsicherung. Ich schiebe mich ein bisschen an
Paula heran. Versuche, sie wenigstens spüren zu lassen, dass ich diese Umarmung
nicht ganz … na ja … schlimm finde. Wir verharren. Keine Bewegung. Ich schlafe
ein.
Tüdelütt, tüdelütt, tüdelütt – der Wecker! Scheiße, schon
aufstehen. Ich treffe Paula in der Küche. Ich frage, wie der Elternabend
gestern war. Wir reden ein bisschen über die Störenfriede in der Klasse. Unser
Kind gehört auch dazu. Na toll!
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